Die Teilnahme am Berufsschulunterricht zählt zu den arbeitsvertraglichen Pflichten eines Auszubildenden. Daher sind der Unterricht oder schulische Prüfungen während der Ausbildung unumgänglich, da sonst (z.B. bei unentschuldigtem Fehlen) eine Kündigung durch den Arbeitgeber droht. Jedoch ist eine fristlose Kündigung auch dann gerechtfertigt, wenn sich ein Azubi krankschreiben lässt, um eine Prüfung zu schwänzen.
Der Fall
Ein 24-jähriger machte in einem Fitnessstudio seine Ausbildung zum Sport- und Gesundheitstrainer. Da er eine schulische Prüfung nicht bestanden hatte, wurde er zu einer Nachholprüfung geladen, die für den 05./06.10.2021 angesetzt war. Diesen Nachholtermin nahm er jedoch nicht wahr. Stattdessen legte er seinem Ausbildungsbetrieb am 06.10.2021 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum vom 05.-07.10.2021 vor.
Doch was seinen Arbeitgeber skeptisch machte: Unmittelbar nach Vorlage der Krankmeldung absolvierte der Azubi ein intensives Krafttraining. Aus diesem Grund wurde der Azubi noch am selben Tag fristlos gekündigt. Das wollte er aber nicht auf sich sitzen lassen, weswegen er Kündigungsschutzklage einlegte. Die Vorwürfe seines Arbeitgebers wies er damit zurück, dass er zunächst wirklich krank gewesen sei, dann aber „spontan“ genesen sei und entsprechend auch gearbeitet habe.
Wann ist eine fristlose Kündigung überhaupt zulässig?
Das Besondere an der fristlosen Kündigung ist, dass sie das Arbeitsverhältnis sofort beendet und keine Kündigungsfristen eingehalten werden müssen. Aus diesem Grund braucht der Arbeitgeber einen wichtigen Grund, um seinen Arbeitnehmer fristlos kündigen zu können. So heißt es in § 626 Absatz 1 BGB:
„Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.“
Als wichtiger Grund kommt z.B. Arbeitszeitbetrug, Arbeitsverweigerung oder eine Straftat gegen den Arbeitgeber in Betracht. Wenn kein wichtiger Grund vorliegt, ist die fristlose Kündigung unwirksam. Dann ist nur eine ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber mit entsprechenden Kündigungsfristen möglich. Gleiches gilt für den Fall, dass das Arbeitsgericht im Rahmen eines Kündigungsschutzklageverfahrens den Kündigungsgrund verneint.
Besonderer Schutz für Auszubildende
Für Auszubildende gilt jedoch etwas anderes. Während der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis jederzeit und ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden. Nach Ablauf der Probezeit können Arbeitgeber einen Auszubildenden ausschließlich fristlos und nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kündigen.
Das Urteil
Das Arbeitsgericht Siegenburg wies die Klage des Auszubildenden ab (ArbG Siegenburg, Urteil vom 17.03.2022, Az. 5 Ca 1849/21). Es schenkte seiner Argumentation, plötzlich genesen zu sein, keinen Glauben und hielt daher die Kündigung für gerechtfertigt. Das Gericht ging nämlich davon aus, dass der Azubi niemals wirklich krank gewesen sei, sondern nur der Prüfung entgehen wollte. Konkret heißt es in der Presseerklärung des Arbeitsgerichts:
„Lässt sich ein gesunder Auszubildender krankschreiben, um eine Prüfung zu schwänzen, begeht er dadurch eine schwere Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten. Eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber kann dann gerechtfertigt sein.“
Auch muss der Arbeitgeber den Azubi nicht bis zum Ablauf einer ordentlichen Kündigungsfrist weiterbeschäftigen, sondern darf die fristlose Kündigung aussprechen. Nach Ansicht des Gerichts dürfe nämlich kein Auszubildender davon ausgehen, dass dessen Ausbilder es hinnimmt, eine falsche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt zu bekommen, um sich den anstehenden Prüfungen zu entziehen (insbesondere wenn es sich um Nachholprüfungen handelt).