Untersuchungshaft
Wie kommt es zur Untersuchungshaft?
Die Untersuchungshaft darf keinesfalls einfach so angeordnet werden. Der Ablauf gestaltet sich eher wie folgt:
Eine Person begeht eine Straftat. Die Polizei bzw. die Staatsanwaltschaft kann einen Antrag auf Erlass eines Haftbefehls stellen, wenn ein dringender Tatverdacht und ein Haftgrund vorliegen. Über den Antrag entscheidet das Gericht. Erlässt es den Haftbefehl, wird die beschuldigte Person festgenommen. Nach der Verhaftung muss sie unverzüglich dem zuständigen Haftrichter vorgeführt werden, spätestens jedoch am nächsten Tag. Der Haftrichter führt eine Vernehmung der Person durch und entscheidet, ob der Haftbefehl aufrechterhalten bleibt oder aufgehoben wird (§§ 115 Abs. 4; 120 StPO). Möglich ist auch, dass dessen Vollzug ausgesetzt wird (§ 116 StPO). Entscheidet der Richter, dass der Haftbefehl aufrecht erhalten bleibt, folgt als nächstes der Antritt der Untersuchungshaft. Wird der Haftbefehl aufgehoben oder dessen Vollzug ausgesetzt, muss die Freilassung erfolgen. Das bedeutet allerdings nicht, dass damit auch das Ermittlungsverfahren endet. Im Rahmen der fortlaufenden Ermittlungen könnte also erneut ein Untersuchungshaftbefehl erlassen werden.
Wann darf U-Haft angeordnet werden?
Voraussetzung für die Anordnung einer Untersuchungshaft ist zum einen ein dringender Tatverdacht, d.h. dass der Beschuldigte mit großer Wahrscheinlichkeit Täter einer Straftat ist oder als Teilnehmer an einer Straftat mitgewirkt hat. Zusätzlich muss mindestens ein Haftgrund vorliegen. Als Haftgrund zählt:
Flucht und Fluchtgefahr
Die verdächtigte Person ist flüchtig oder wird mit hoher Wahrscheinlichkeit versuchen, der Strafverfolgung zu entgehen, z.B. durch Untertauchen oder Absetzen ins Ausland
Wiederholungsgefahr
Es liegt dringender Tatverdacht bzgl. der in § 112a StPO aufgezählten Delikte vor
Verdunkelungsgefahr
Hierunter zählt die Gefahr der Manipulation von Beweismitteln oder Beeinflussung möglicher Zeugen
Was tun bei Untersuchungshaft?
Wird man durch die Polizei festgenommen, empfindet man meistens Verunsicherung und Nervosität. Wichtig ist es, auch in einer solchen Situation einen kühlen Kopf zu bewahren und sich seiner Rechte bewusst zu sein. Machen Sie in jedem Fall von Ihrem Schweigerecht Gebrauch und tätigen Sie keine Aussagen! Auch, wenn Polizei und Staatsanwaltschaft gezielt den Eindruck vermitteln, dass eine Aussage hilfreich sei und dadurch die Angelegenheit schnell erledigt werden könnte. Ebenso sind jegliche Versprechen der Polizei wertlos, da sie keinerlei Einfluss auf den Verfahrensausgang hat. Sie sollten sich unbedingt bewusst sein, dass alles, was Sie sagen, im weiteren Verfahren gegen Sie verwendet werden kann.
Aus diesem Grund sollten Sie unverzüglich einen Fachanwalt für Strafrecht kontaktieren und als Strafverteidiger engagieren. Alternativ können Sie auch ein Familienmitglied oder Freund anrufen, damit dieser einen guten Anwalt für Sie organisieren kann. Bevor Sie irgendwelche Aussagen bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft tätigen, sollten Sie sich unbedingt mit Ihrem Anwalt absprechen. Dieser wird die ideale Strategie für Ihren Fall ausarbeiten und Ihnen die weiteren Schritte erklären. Außerdem wird Ihr Strafverteidiger versuchen, der Untersuchungshaft entgegenzuwirken.
Gegen die U-Haft vorgehen
Die Unterbringung in Untersuchungshaft stellt die wohl unangenehmste Situation für Betroffene dar. Sie stellt Betroffene vor enorme Herausforderungen: Sie können der Arbeit nicht mehr nachgehen oder sich um familiäre Verpflichtungen kümmern. Sobald die Öffentlichkeit davon erfährt, erhält man oftmals zusätzlich einen Stempel aufgedrückt. Schon deswegen sollten Sie uns frühzeitig kontaktieren. Von Argumenten gegen den Haftgrund bis hin zur Entkräftigung des dringenden Tatverdachts werden wir mit allen Mitteln versuchen, die Untersuchungshaft schnell und unkompliziert zu verhindern bzw. zu verkürzen. In der Vergangenheit haben wir schon vielfach eine Aufhebung von Haftbefehlen erreicht. Natürlich unterstützen wir auch die Angehörigen von Betroffenen. Wir setzen uns 100 % für Sie ein!
Wie lange dauert die Untersuchungshaft?
In vielen Fällen können Strafverteidiger erfolgreich gegen die U-Haft vorgehen, sodass sie nur ein paar Tage dauert. Gelingt dies jedoch nicht und die beschuldigte Person muss in U-Haft bleiben, ist die Dauer zunächst ungewiss. Denn wie lange die Untersuchungshaft dauert, hängt vom jeweiligen Verfahren und dessen Umfang ab. Grundsätzlich gilt gemäß § 121 Abs. 1 StPO eine Höchstgrenze von 6 Monaten – in Ausnahmefällen auch länger. Diese Zeit darf aber nicht einfach so ausgeschöpft werden, immerhin gilt für den Beschuldigten noch die Unschuldsvermutung. Je länger also die Untersuchungshaft andauert, desto strenger werden die Voraussetzungen für ihre Aufrechterhaltung.
Zählt die U-Haft zur Haftstrafe?
Die Dauer der Untersuchungshaft wird gemäß § 51 Abs. 1 StGB auf eine spätere Geld- oder Freiheitsstrafe angerechnet. Außerdem kann sie unter gewissen Voraussetzungen einen Haftmilderungsgrund darstellen.
Rechte während der Untersuchungshaft
Auch wenn sich eine Person in U-Haft befindet, stehen Ihr einige Rechte zu. So muss etwa die Kommunikation mit dem Verteidiger ungehindert möglich sein. Außerdem darf der Anwalt seinen Mandanten so oft besuchen, wie er möchte. Etwas schwieriger ist es mit anderen Personen. Diese brauchen eine Besuchserlaubnis, die bei Gericht beantragt werden muss. Dieser wird nahen Angehörigen aber in der Regel ohne Probleme bewilligt. Darüber hinaus müssen sich die Angehörigen an die Besuchszeiten halten. Daneben dürfen sie aber z.B. auch Briefe oder Päckchen an den Beschuldigten senden. Diese werden aber kontrolliert und gelesen.
Gibt es eine Entschädigung für die Untersuchungshaft?
Freispruch, Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens durch den Richter oder Verfahrenseinstellung – in diesen Fällen haben Sie einen Anspruch auf Entschädigung, wenn Sie in Untersuchungshaft waren. Wie hoch Ihr Anspruch ist, richtet sich nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz (§ 7 StrEG). Ersetzt wird ein materieller Vermögensschaden (z.B. Verdienstausfall), aber auch immaterielle Schäden. Wird das Verfahren durch den Richter beendet, wird der Entschädigungsanspruch von Amts wegen geprüft. Anders, wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellt: In solchen Fällen müssen Sie einen Antrag auf Feststellung des Anspruchs stellen. Die Frist hierfür beträgt einen Monat. Der Antrag muss also innerhalb eines Monats nach Zustellung der Mitteilung über die Verfahrenseinstellung gestellt werden.